Dienstag, 25. Oktober 2016

Meine Arbeit, wie wir Montreal nach und nach entdecken und ein kleiner Ausflug nach Val David

Jetzt bin ich schon über zwei Monate hier und ihr wartet sicher alle gespannt auf den nächsten Blogpost. Tut mir leid, dass es so lange gedauert hat, aber wir haben echt viel zu tun und ich bin manchmal auch ein bisschen faul, sodass ich dann nachmittags bzw abends keine Lust mehr habe ewig lange Texte zu schreiben^^'. Jetzt habe ich es aber endlich mal geschafft mich dazu aufzuraffen.

Meine Arbeit

Zunächst mal zu meiner Arbeit: Dadurch dass ich im Schulteil meiner Einrichtung arbeite, habe ich recht viel Abwechslung in meinen Aufgaben, was mir echt gut gefällt. Mein Arbeitstag beginnt immer gegen halb 9 morgens und endet um viertel nach 3 oder halb 4 nachmittags, sodass am Rest vom Tag noch Zeit für Freizeitaktivitäten bleibt. Eine typische Arbeitswoche sieht für mich wie folgt aus:
Montag: Montagsmorgens müssen Paul und ich immer zunächst die Leiern für den Musikunterricht in der 1. und 2. Klasse aus einem Schrank im Kindergartenteil des Gebäudes in den Schulteil des Gebäudes transportieren. Danach gehen wir raus, wo wir dann die Recyclingtonnen reinholen und im Anschluss einmal im gesamten Außenbereich Müll aufsammeln. Wenn das erledigt ist, ist es meistens schon viertel nach 9, sodass ich mich auf den Weg in die 2. Klasse mache, wo ich einem deutschen Jungen, der kein Französisch und kein Englisch spricht, im zweiten Teil des Hauptunterrichts, sprich je nach aktueller Epoche bei Mathe oder Französisch helfe und ihm am Ende der Stunde die Geschichte, die die Lehrerin vorliest, übersetze. Im Anschluss muss ich dann, während die Kinder ihre "Collation" (sprich zweites Frühstück) haben, für 10-15 Minuten vor den Toiletten der 1. und 2. Klasse aufpassen, dass alle Kinder abspülen und die Toiletten sauber hinterlassen. Ist der größte Andrang vorbei, gehe ich gegen halb 11 nach draußen und mache bis viertel vor 11 Pausenaufsicht, was je nach Temperatur und Wetter nicht grade die tollste Beschäftigung ist, die man sich vorstellen kann ^^'. Nach der Pause gehe ich dann zusammen mit der Deutschlehrerin in den Deutschunterricht der 7. und der 5. Klasse. Im Deutschunterricht schreibe ich meistens neue Vokabeln an die Tafel, male Tafelbilder und helfe Kindern, die Schwierigkeiten mit den Aufgaben haben. Um 12:30 Uhr hab ich dann zusammen mit meinen Mitfreiwilligen Mittagspause, eigentlich bis 13:30 Uhr, aber wenn das Wetter nicht zu schlecht ist, gehe ich meistens von 13:00 bis 13:30 Uhr mit Paul nach draußen zur Pausenaufsicht. Nach der Pause steht dann "Travail bureau" auf meinem Stundenplan, was bedeutet, dass ich mit der Sekretärin zusammen oder allein Sachen sortiere oder beschrifte usw. Und dann ist mein Montag auch schon vorbei.
Dienstag: Auch mein Dienstag beginnt zusammen mit Paul. Bis ca 09:15 Uhr helfe ich ihm und Jaques, dem Hausmeister, bei den Arbeiten, die grad so anstehen. Das reicht von Fenster putzen, über Sachen anstreichen oder Schränke bauen, bis hin zu Erde, die Jaques mit dem Bagger in Schubkarren befördert, auf Blumenkästen vor dem Kindergarten zu verteilen. Von ca viertel nach 9 bis viertel nach 10 bin ich dann wieder in der 2. Klasse. Dann folgen Toiletten- und Pausenaufsicht und nach der Pause helfe ich dann beim Sportunterricht in der 2. Klasse. Der größte Teil meiner Aufgabe besteht dabei darin, die Kinder auf dem Weg in den Park zusammenzuhalten und dazu zu animieren schneller zu gehen. Im Park assistiere ich dann der Sportlehrerin z.B. beim Aufbau der Spiele und behalte die Kinder mit im Auge. Auf dem Rückweg ist es dann wieder das selbe Spiel wie auf dem Hinweg. Nach der Mittagspause und der meist freiwillig mit Paul verbrachten Pausenaufsicht, wiederholt sich dann das Sport-Prozedere, nur diesmal mit der 1. Klasse. Am Ende des Tages bin ich dann inzwischen meistens durchgefroren und froh, wenn ich heimkomme, weil das Aufpassen doch recht anstrengend ist.
Mittwoch: Wie auch der Dienstag beginnt der Mittwoch zusammen mit Paul und Jaques, aber mittwochs arbeite ich bis zur Toilettenaufsicht mit den beiden zusammen, da der Junge in der 2. Klasse an diesen Morgen Hilfe von einer Frankophonisationslehrerin bekommt. Nach der Pausenaufsicht steht dann auf meinem Plan "Aider Jaques" (Jaques helfen), aber oftmals muss ich auch stattdessen der Deutschlehrerin beim Vorbereiten des Unterrichts helfen oder auch in der 2. Klasse beim Fankophonisationsunterricht helfen. Je nach dem, was ich machen muss, habe ich dann schon um 12 Uhr Mittagspause, aber ich warte mit dem Essen eigentlich immer auf die andern drei. Nach der Pausenaufsicht mit Paul, helfe ich dann im Deutschunterricht der 7. und 6. Klasse, wo wir meist das gleiche machen. Da sich die 6. Klässler oft nicht so gut benehmen können und nicht früh genug leise sind, dauert mein Mittwoch dann meist bis 20 nach 3 statt nur bis viertel nach.
Donnerstag: Donnerstagsmorgens müssen Paul und ich zuerst die Matten, auf denen die Kinder im Kindergarten ihren Mittagsschlaf halten, sauber machen. Dabei ist es wichtig, dass wir die Matten, die in zwei Boxen im Kindergarten von Mme Sonia sind als erstes und zügig putzen, da sie nicht so lange auf ihre Boxen verzichten möchte. Dafür machen wir bei dann den Matratzen im Schrank außerhalb der Kindergartengruppen etwas langsamer. Danach ist es für mich meist Zeit in die 2. Klasse zu gehen. Auf die Übersetzungshilfe folgt dann die altbekannte Toiletten- und Pausenaufsicht. Ist das erledigt, habe ich kurz eher nichts zu tun und dann muss ich um kurz vor 11 ins Sekretariat und bis halb 1 an der Rezeption sitzen und falls Leute kommen, diesen Auskunft geben (so gut wie ich es eben kann) und Anrufe entgegennehmen. Vor allem das Anrufe Entgegennehmen ist nicht immer so einfach, da viele Leute vom Handy anrufen, was die Sprachqualität schon mal schmälert, und dann auch noch Québecois reden, sodass ich am Ende meist nur verstehe, mit wem sie sprechen wollen, sagen kann, dass die Person in der Bürokonferenz ist (alle Leute, die im Büro arbeiten, sind in der Zeit in einer Konferenz) und die Nummer des Anrufers notieren kann. Weil dieses auf Menschen, die was wissen wollen und Anrufe Warten ziemlich langweilig ist, nehme ich mir inzwischen eigentlich immer ein Buch für die Zeit mit, sodass ich wenigstens nicht gar nix zu tun hab. Deswegen bin ich immer froh, wenn dann Lucie (die Sekretärin) zurückkommt und ich in meine Mittagspause kann. Nach dieser und der freiwilligen Pausenaufsicht mit Paul, helfe ich dann in der 1. Klasse beim Aquarellmalen oder besser bei den Vorbereitungen dafür, sprich ich säubere die Plastikplatten auf die das Papier kommt, mache das Papier nass, streiche es auf den Platten glatt und verteile es an die Kinder. Wenn ich danach noch Zeit habe, verteile ich auch noch Farben und Wasser. Danach muss ich mich dann meistens ein bisschen beeilen, um noch rechtzeitig im Deutschunterricht der 5. Klasse zu sein. Der Nachmittagsunterricht dort ist immer eine Überraschung, weil die Klasse mal richtig lieb ist und mal total laut, sodass kaum Unterricht möglich ist. An den Tagen, wo die Klasse laut ist, endet mein Tag dann oft erst um 20 nach 3, weil die Schüler es nicht schaffen pünktlich leise zu sein.
Freitag: Da Freitag der dritte Tag in der Woche ist, an dem Jaques da ist, arbeite ich wie dienstags und mittwochs zunächst mit Paul und ihm. Dann muss ich wie immer in die 2. Klasse, um dem deutschen Jungen zu helfen. Danach folgen Toiletten- und Pausenaufsicht. Gegen 11 Uhr gehe ich dann mit der Kindergartengruppe von Mira-Clair für ca 30-45 Minuten in den Park. Da diese Gruppe mit nur 10 Kindern sehr klein ist, ist das zum Park gehen auch nicht so anstrengend, wie mit den 1.- und 2.-Klässlern. Im Park beschäftigen sich die Kinder meist recht gut selbst, sodass ich mich oft mit Mira-Clair unterhalte. Wenn wir dann gegen 12 vom Park zurückkommen, habe ich Mittagspause. Danach gehe ich wie immer mit Paul Pausenaufsicht machen und im Anschluss bleibe ich dann mit den 2.-Klässlern draußen und begleite sie mit ihrer Lehrerin in den Park. Im Sommer war das sehr angenehm, aber jetzt, wo es immer kälter wird, bin ich danach oft durchgefroren und froh nachhause ins Warme zu kommen.


Wie wir Montreal nach und nach entdecken

Nachdem ich euch jetzt lang und breit erzählt habe, wie meine Arbeit so abläuft, kommen wir jetzt mal zu interessanteren Dingen, nämlich Montreal. Da ich diesen Blogeintrag so lang vor mir hergeschoben hab, könnten einige Dinge nicht mehr in der richtigen Reihenfolge sein, ich hoffe, ihr verzeiht mir das.
Zwei der ersten Sachen, die wir hier in unserem näheren Umfeld entdeckt haben, war die Bibliothek, in der wir uns auch kostenlos angemeldet haben und das Fitnessstudio YMCA, bei dem wir mit dem Studentenpreis recht günstig trainieren und an Kursen teilnehmen können. Während die Jungs fast jeden Tag im Weight Room sind und Rücken, Arme oder Beine trainieren, lassen Rosa und ich es eher ruhiger angehen und besuchen montags den Kickboxing Kurs und mittwochs den Zumba Kurs. Mitte September wurden wir dann darauf aufmerksam gemacht, dass es einen Chor gibt, der in der Schule probt und seitdem sind Rosa und ich jeden Donnerstagabend im Chor.
Straßenfest
Aber natürlich bleiben wir nicht die ganze Zeit nur in unserem Viertel. Wir nutzen so gut wie jedes Wochenende, um mehr von Montreal zu sehen. Im Sommer gab es hier viele kleine Outdoorfestivals und -aktionen, so waren Rosa und ich z.B. auf einem richtig coolen Straßenfest, wo Kleinkünstler aufgetreten sind und man auf die Straße malen durfte. Und auch das Piknic Electronik, auf dem wir alle vier zusammen mit Pauls Freundin und zwei Freundinnen von ihm, die grad eine Rundreise durch Kanada machen, waren, war recht cool, auch wenn ich keine elektronische Musik mag, die Atmosphäre hat über die Musik hinweggetäuscht.

In der Basilique Notre Dame
Basilique Notre Dame
Aber nicht nur Festivals haben unsere Aufmerksamkeit geweckt, sondern auch die vielen Kirchen Montreals. Rosa und ich waren schon zwei Mal am/im Oratoire Saint Joseph, das recht nah bei uns ist und von wo aus man einen wunderschönen Ausblick hat, der einen für die vielen Treppen, die man hochsteigen muss, mehr als entschädigt. Auch der Sonnenuntergang ist von dort oben echt schön. Außerdem waren wir auch in einem Gottesdienst in der Basilique Notre Dame, die Notre Dame in Paris schon etwas ähnelt. Neben diesen geplanten Kirchenbesuchen, waren wir auch an einem Tag eher zufällig in zwei Kirchen Downtown, die wir von außen schön fanden und dann auch mal von innen angeguckt haben.  
Oratoire Saint Joseph
Blick am Abend vom Oratoie Saint Joseph & Sonnenuntergang

Doch Montreal hat nicht nur viele schöne Kirchen zu bieten, sondern auch eine Fülle an Parks. Besonders der Parc Mont Royal und der Parc Jean Drapeau sind besonders empfehlenswert. Zu ersterem sind wir vor 2 oder 3 Wochen alle vier zusammen nach der Schule mit dem Fahrrad gefahren, was mit einem Fahrrad, das nur im 4. Gang funktioniert doch recht anstrengend war, aber es hat sich gelohnt, denn zum einen waren die Blätter da oben wunderschön und zum anderen hat man eine ziemlich gute Aussicht. Im Parc Jean Drapeau waren Rosa und ich zwei Mal, ein Mal alleine, zum Spazieren gehen etc und das andere Mal alle zusammen zum Piknic Electronik. Dieser Park liegt auf der Île St-Hélène und beherbergt neben einem wunderschönen Blick auf Montreal auch die Biosphère.
Monet-artige Brücke im Parc Jean Drapeau
Blick auf Montreal vom Parc Jean Drapeau

Biosphère
Blick auf Montreal vom Parc Mont Royal
Parc Mont Royal
Laternenfest
Bei den ganzen Parks ist auch der Botanische Garten nicht zu vergessen, in dem Clemens, Rosa und ich an einem Abend zum Laternenfest waren. Der gesamte chinesische und japanische Teil des Botanischen Gartens war zu diesem Anlass mit kompliziertesten Statuen aus Laternen geschmückt. 
Botanischer Garten


Ein kleiner Ausflug nach Val David

Ich glaube, so langsam ist dieser Post echt lang genug, deswegen versuch ich mich in diesem Punkt so kurz wie möglich zu fassen. Am vorletzten Wochenende war ich zusammen mit Paul und Rosa in Val David, einem kleinen Dorf ca 1 1/2 Stunden von Montreal entfernt. Dort befindet sich etwas außerhalb (ok, etwas ist untertrieben, so weit außerhalb, dass es nicht mal Handyempfang gibt) das Camphill (antroposophische Behinderteneinrichtung) "Maison Emmanuel", wo zwei Leute von meinem Vorbereitungsseminar arbeiten. Bei einer davon hab ich auch übernachtet. In dem Tag den ich dort verbracht hab, habe ich unsere Arbeit sehr zu schätzen gelernt, da die Freiwilligen im Camphill schon wesentlich mehr arbeiten müssen, als wir und auch nie wirklich abschalten können, weil sie in der Arbeit wohnen. Auch die Abgeschiedenheit des Camphills würde mir auf die Nerven gehen, allein schon um nach Val David zu kommen braucht man mit dem Auto 10 Minuten. Val David an sich ist aber ein wunderschönes kleines kanadisches Dörfchen, das ich sicher noch öfter besuchen werde. Richtig schön fand ich, dass der Herbst und die Himmelsschauspiele dort viel intensiver waren. Ich glaube, so viele Sterne wie dort, hab ich selbst in I-O noch nie gesehen.
Ein Haus mitten im Nirgendwo mit wunderschönen
Herbstfarben im Hintergrund




Sonnenuntergangswolken in Val David










Mit diesen Bildern beende ich dann mal diesen Post, wie immer gilt bei Nachfragen einfach Kontakt mit mir aufnehmen.
Der nächste Eintrag lässt hoffentlich nicht so lang auf sich warten. Geplant hab ich ihn für nächste Woche, da wir morgen nach Toronto fahren und die Tour sicher einen Post wert wird:).